Lesen und Schreiben

Begonnen wurde mit den Kursen »Lesen und Schreiben für Menschen mit einer Beeinträchtigung – geistigen Behinderung« im Jahr 1999. Jeweils an einem Donnerstagabend wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer während eineinhalb Lektionen in der deutschen Sprache unterrichtet. Ziel war es, bereits früher Gelerntes zu vertiefen, den Grundstock aufzufrischen und Neues dazu zu lernen. Insbesondere bei den Menschen mit einer geistigen Behinderung ist bekannt, dass Kontinuität an erster Stelle stehen muss, um eine Nachhaltigkeit zu erreichen. Hier gilt im Besonderen, dass das erreichte Niveau nur durch ein ständiges Üben und Repetieren gehalten werden kann. Selbstredend spielt dabei auch der Lernfortschritt eine wichtige Rolle. Die Schritte hin zu mehr Wissen und zu grösserer Fertigkeit im Umgang mit der Sprache sind zwar klein, aber sie zeichnen sich deutlich ab und bilden letztlich das Fundament zur Übernahme von mehr Eigenverantwortung, vor allem aber zum besseren Sich-Zurechtfinden im Alltag.

Verlauf des Kurses

Es hat sich schnell gezeigt, dass es sinnvoll ist, mit zwei Gruppen zu arbeiten. Sechs bis zehn Personen bilden dabei eine Gruppe, die von einer Lehrperson unterrichtet wird. Die Gruppengrösse wurde absichtlich klein gehalten, damit sich der einzelne Teilnehmer, respektive die einzelne Teilnehmerin darin optimal entfalten und individuell auf sie oder ihn eingegangen werden kann. Zudem können die Teilnehmer ihrem Niveau gemäss eingeteilt werden.

Neben dem schulischen Bereich – Erweiterung des Wortschatzes, Rechtschreibung, Textverständnis und angewandte Übungen – wurde auch der gesellige Teil gepflegt und zwar im Wissen, dass auch daraus ein pädagogischer Nutzen zu ziehen ist. Genannt seien das alljährlich stattfindende Sommerfest auf der Wiese hinter dem Ausbildungszentrum Fröbelgarten, der Besuch des Samichlauses und die Spiel- und Quizlektionen jeweils vor den Ferien.

Stand heute

Der Kurs »Lesen und Schreiben für Menschen mit einer Beeinträchtigung – geistigen Behinderung« hat sich mittlerweile etabliert. Längst ist es für einen Teil der Mitarbeitenden der »altra« aber auch für bestimmte Bewohner entsprechender Heime oder geleiteten Wohngemeinschaften selbstverständlich, dass sie am Donnerstagabend den Lese- und Schreibkurs besuchen. Sie tun dies allesamt mit Freude, denn sie spüren, dass der Kurs ihnen Sicherheit im Lesen und Schreiben vermittelt und sie generell den Alltag besser bestehen lässt. Mancher ist vom Buchstabieren zum Lesen vorgedrungen und viele gehen nun mit wacheren Augen zur Arbeit oder zu einer Freizeitveranstaltung.

Aber auch der Kurs selber hat sich gewandelt. Was anfänglich ein reiner Lese- und Schreibkurs war, ist mittlerweile zu einem eigentlichen Bildungskurs geworden. Wir beschränken uns nicht mehr nur auf sprachliche Übungen, sondern ziehen einfache geographische, geschichtliche, naturkundliche und mathematische Gesichtspunkte mit ein. Dadurch ist der Kurs umfassender geworden und er wird der Praxis wesentlich gerechter, als wenn er sich auf das Lesen und Schreiben beschränken würde. Selbstverständlich steht aber die Sprache nach wie vor im Mittelpunkt des Kurses. Sie ist das Fundament, auf dem alle anderen Fächer und Disziplinen erst aufbauen können.

Von den Teilnehmern her weist der Kurs eine grosse Konstanz auf. Gleichwohl hat sich die Teilnehmerzahl vom Jahr 2000 bis heute mehr als verdoppelt.

Im Durchschnitt belegt ein Teilnehmer den Kurs etwa zwei Jahre lang. Viele aber sind schon wesentlich länger dabei – manche kommen nach einer Pause wieder, ein paar wenige sind schon von Anfang an dabei. Erstaunlich auch – etwa im Vergleich mit anderen Kursen – ist der regelmässige Kursbesuch. Nur selten fehlt jemand, und wenn dies der Fall sein sollte, meldet man sich vorher ab – und zwar wie gelernt, schriftlich. Das Alter der Kursteilnehmer bewegt sich von achtzehn bis etwa fünfundfünfzig Jahren. Und der Anteil von Frauen und Männern hält sich die Waage.

Gerade in unserer schnellebigen Zeit sind jene Bereiche besonders wichtig, die sich durch Konstanz auszeichnen, und in denen der Zeitdruck eine untergeordnete Rolle spielt.

Zum Wohl unserer geistig behinderten Mitmenschen sind diese Kurse gedacht. Sie schliessen eine wesentliche Lücke im Fortbildungsangebot unserer Region.

Verein Aktion Bildung, 8200 Schaffhausen, info@aktion-bildung.ch